1992.1
Wissbegierig und interessiert beschaeftigte ich mich vor kurzem mit Band 22 der Fischer Weltgeschichte, Band Sued- und Mittelamerika I, Die Indianerkulturen Amerikas und die spanisch – portugiesische Kolonialherrschaft.
Ich stellt einigermassen erstaunt fest, dass das Inhaltsverzeichnis fuer das Kapitel der Bevoelkerungsgeschichte nicht nur Information zu den Themen a. Die europaeischen Einwanderer, b. Die spanische Zwangseinwanderung und d. Allgemeine Bevoelkerungsbewegung waehrend der Kolonialzeit versprach, sondern auch auf den Essay c. Rassenkreuzungen und Mischlingsbevoelkerungen hinwies. Durch persoenliche Erfahrungen wohl sensibilisiert, vermutete ich einen in negativer Weise aufschlussreichen Diskurs zu diesem Thema und war, trotz gefuehlsbedingter Abneigung, nicht abgetan die Formulierungen des Historiker Richard Konetzke (1897 – 1980), der, unter der wissenschaftlichen Leitung Jean Bollacks aus Paris, den gesamten Band 22 herausgegeben und verfasst hatte, zu lesen.
Ich sollte ein blaues Wunder erleben.
Konetzke bittet den Leser vorerst, sich im Sinne einer Notwendigkeit vor voreiligen Verallgemeinerungen zu hueten. Diesen Anspruch zu Anfang des Essays kann Folgendes jedoch auch nur annaehernd nicht erfuellen, sondern scheint wie ein Schild zur Rechtfertigung vorgetragen.
Wir lernen des weiteren, dass „[...] die unangenehme Wahrnehmung der Hautausduenstungen beim Kontakt von Menschen verschiedener Rassen ueblich ist.“, und „Da aber die Indianer im allgemeinen sehr reinlich waren und, so beobachtete man, sich haeufig wuschen und badeten, konnte das Abstossende des andersartigen Rassengeruches sich weniger bemerkbar machen.“ (S. 87).
Der Historiker Konetzke wirft mit behender Gewandtheit mit anderen Beispielen einschlaegigen Vokabulars um sich. So finden wir Begriffe wie Rasseneigentuemlichkeiten, Herrenbewusstsein, oder Charakterisierungen, wie andersrassige Bevoelkerungen, im fortlaufenden Text vor. Nahezu textimplizit und, kaum verwunderlich, nicht hinterfragt, trifft der nicht geneigte Leser auf die Sitte der Menschenfresserei, doch „Der kulturelle Abstand minderte sich, wo die Spanier den Voelkern der altamerikanischen Hochkulturen begegneten, aber fremde Welten waren es doch, die einander gegenuebertraten.“ (S. 88).
Und weiters: „Haeufig bedurfte es fuer einen Sexualverkehr nicht der Gewalt und Verfuehrung des weissen Mannes. Die Indianerinnen kamen den Wuenschen der Europaeer entgegen und gaben sich ihnen willig und wolluestig hin. Sie bevorzugten die fremden Eidringlinge, deren Staerke und Ueberlegenheit auf sie Eindruck machten, vor den Maennern ihrer eigenen Rasse.“ (S. 89)
Mein ohnehin gastritioeser Magen erfaehrt neuerlich konvulsivische Verkrampfungen angesichts dieses wohl unglaublichen Kernstuecks, welches lautet: „Die Blutsmischung zwischen einem Weissen und einer Mestizin ergab den sog. Castizo (auch albino oder cuarteron genannt), und der nachkomme eines Weissen und einer castiza hiess ‘Spanier’. In der dritten Bastardgeneration traten also durch die Einkreuzung mit weissen Individuen die Rassenmerkmale des europaeischen Menschen so deutlich wieder auf, dass kein Unterschied mehr zu dem Erscheinungsbild des europaeischen Spaniers sichtbar ist. Als Folge einer an Sozialbegriffen orientierten Auslese vollzog sich die Entbastardisierung der Mestizen, die ‘Reinzuechtung anthropologischer Typen’ (Max Weber), wobei der spanisch – europaeische Elternteil fast rein und unversehrt wieder hervortrat. Auch bei den portu-giesisch – indianischen Rassenkreuzungen ist der gleiche Vorgang der Einweissung zu beobachten.“ (S. 93)
Die Anfuehrung zusaetzlicher Zitate dieses Essays sollen an dieser Stelle beendet und verziehen sein, dann das oben konstatierte blaue Wunder wuchs zu schierer Fassungslosigkeit, als ich herausfand und nachschlug, wann dieser Band 22 zuletzt erschienen war. Betroffen stellte ich fest, dass, aus mir gaenzlich unbegreiflichen Gruenden, ebendiese Publikation im Jahr 1991 der christlichen Zeitrechnung in der 95. – 96.tausendsten Aufla-ge nach der illustrierten Originalausgabe vom April 1956 wiederholt unveraendert in Frankfurt am Main bei Fischer Buecherei KG / Fischer Taschenbuchverlag GmbH. aufgelegt wurde.
Ich moechte hiermit durchaus provokant aufzeigen, wie sonderbar unreflektiert und kommentarlos diese Manifestationen Konetzkeschen Denkens abgedruckt wurde und verwehre in weiterer Folge eine finanzielle Unterstuetzung jenes Verlags durch Ankaeufe von Druckwerken dieses Konzerns.
Wien, November 1992
[Anmerkung der Autorin 2005: Die Orthographie wurde einer leichteren Lesbarkeit vereinfacht, der Inhalt der Kritik aus dem Jahr 1992 nicht veraendert.]
Ich stellt einigermassen erstaunt fest, dass das Inhaltsverzeichnis fuer das Kapitel der Bevoelkerungsgeschichte nicht nur Information zu den Themen a. Die europaeischen Einwanderer, b. Die spanische Zwangseinwanderung und d. Allgemeine Bevoelkerungsbewegung waehrend der Kolonialzeit versprach, sondern auch auf den Essay c. Rassenkreuzungen und Mischlingsbevoelkerungen hinwies. Durch persoenliche Erfahrungen wohl sensibilisiert, vermutete ich einen in negativer Weise aufschlussreichen Diskurs zu diesem Thema und war, trotz gefuehlsbedingter Abneigung, nicht abgetan die Formulierungen des Historiker Richard Konetzke (1897 – 1980), der, unter der wissenschaftlichen Leitung Jean Bollacks aus Paris, den gesamten Band 22 herausgegeben und verfasst hatte, zu lesen.
Ich sollte ein blaues Wunder erleben.
Konetzke bittet den Leser vorerst, sich im Sinne einer Notwendigkeit vor voreiligen Verallgemeinerungen zu hueten. Diesen Anspruch zu Anfang des Essays kann Folgendes jedoch auch nur annaehernd nicht erfuellen, sondern scheint wie ein Schild zur Rechtfertigung vorgetragen.
Wir lernen des weiteren, dass „[...] die unangenehme Wahrnehmung der Hautausduenstungen beim Kontakt von Menschen verschiedener Rassen ueblich ist.“, und „Da aber die Indianer im allgemeinen sehr reinlich waren und, so beobachtete man, sich haeufig wuschen und badeten, konnte das Abstossende des andersartigen Rassengeruches sich weniger bemerkbar machen.“ (S. 87).
Der Historiker Konetzke wirft mit behender Gewandtheit mit anderen Beispielen einschlaegigen Vokabulars um sich. So finden wir Begriffe wie Rasseneigentuemlichkeiten, Herrenbewusstsein, oder Charakterisierungen, wie andersrassige Bevoelkerungen, im fortlaufenden Text vor. Nahezu textimplizit und, kaum verwunderlich, nicht hinterfragt, trifft der nicht geneigte Leser auf die Sitte der Menschenfresserei, doch „Der kulturelle Abstand minderte sich, wo die Spanier den Voelkern der altamerikanischen Hochkulturen begegneten, aber fremde Welten waren es doch, die einander gegenuebertraten.“ (S. 88).
Und weiters: „Haeufig bedurfte es fuer einen Sexualverkehr nicht der Gewalt und Verfuehrung des weissen Mannes. Die Indianerinnen kamen den Wuenschen der Europaeer entgegen und gaben sich ihnen willig und wolluestig hin. Sie bevorzugten die fremden Eidringlinge, deren Staerke und Ueberlegenheit auf sie Eindruck machten, vor den Maennern ihrer eigenen Rasse.“ (S. 89)
Mein ohnehin gastritioeser Magen erfaehrt neuerlich konvulsivische Verkrampfungen angesichts dieses wohl unglaublichen Kernstuecks, welches lautet: „Die Blutsmischung zwischen einem Weissen und einer Mestizin ergab den sog. Castizo (auch albino oder cuarteron genannt), und der nachkomme eines Weissen und einer castiza hiess ‘Spanier’. In der dritten Bastardgeneration traten also durch die Einkreuzung mit weissen Individuen die Rassenmerkmale des europaeischen Menschen so deutlich wieder auf, dass kein Unterschied mehr zu dem Erscheinungsbild des europaeischen Spaniers sichtbar ist. Als Folge einer an Sozialbegriffen orientierten Auslese vollzog sich die Entbastardisierung der Mestizen, die ‘Reinzuechtung anthropologischer Typen’ (Max Weber), wobei der spanisch – europaeische Elternteil fast rein und unversehrt wieder hervortrat. Auch bei den portu-giesisch – indianischen Rassenkreuzungen ist der gleiche Vorgang der Einweissung zu beobachten.“ (S. 93)
Die Anfuehrung zusaetzlicher Zitate dieses Essays sollen an dieser Stelle beendet und verziehen sein, dann das oben konstatierte blaue Wunder wuchs zu schierer Fassungslosigkeit, als ich herausfand und nachschlug, wann dieser Band 22 zuletzt erschienen war. Betroffen stellte ich fest, dass, aus mir gaenzlich unbegreiflichen Gruenden, ebendiese Publikation im Jahr 1991 der christlichen Zeitrechnung in der 95. – 96.tausendsten Aufla-ge nach der illustrierten Originalausgabe vom April 1956 wiederholt unveraendert in Frankfurt am Main bei Fischer Buecherei KG / Fischer Taschenbuchverlag GmbH. aufgelegt wurde.
Ich moechte hiermit durchaus provokant aufzeigen, wie sonderbar unreflektiert und kommentarlos diese Manifestationen Konetzkeschen Denkens abgedruckt wurde und verwehre in weiterer Folge eine finanzielle Unterstuetzung jenes Verlags durch Ankaeufe von Druckwerken dieses Konzerns.
Wien, November 1992
[Anmerkung der Autorin 2005: Die Orthographie wurde einer leichteren Lesbarkeit vereinfacht, der Inhalt der Kritik aus dem Jahr 1992 nicht veraendert.]
© Sybille Amber: Intellectual Property 2005
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